Unruhe und Unbehagen. Politisches Theater als agonistisches Spielfeld

von Florian Malzacher

In: www.goethe.de, June 2016.


So sehr die Zeit, die wir gerade durchleben, aus den Fugen scheint, so schwer tut sich ausgerechnet das Theater, das in der Vergangenheit oft als „die“ politische Kunst per se galt, seinen Platz zu finden.

Entweder zweifelt Theater an der eigenen gesellschaftlichen Relevanz oder es delegiert sie vor allem an konkretes politisches – aber nicht unbedingt künstlerisches – Handeln. Oder aber es greift auf alte ästhetische Mittel zurück, die sich im Wesentlichen auf das frontale, kritische Darstellen von Missständen beschränken, aber keine angemessene – nämlich selbst politische – Form dafür finden.

Dabei gibt es – nach einer starken Periode meist narrativen Theaters der 1970er- und 1980er-Jahre, die von postdramatischen Formen gefolgt wurde, die das Medium und seine Ästhetik selbst in den Mittelpunkt stellten – durchaus wieder den starken Wunsch nach einem politischen Theater. Einem Theater, das nicht nur Zugriff auf wichtige gesellschaftliche Themen findet, sondern selbst politischer Raum, öffentliche Sphäre ist. Dafür gibt es kein gemeinsames Kleines Organon für das Theater (Bertolt Brecht, 1948) mehr, dem man folgen könnte. Wir befinden uns in einer Periode des Ausprobierens, des Suchens – als Künstler wie als Publikum. Aber es gibt genügend künstlerische Ansätze, die das Potenzial politischen Theaters wieder deutlich machen.

Partizipation

Partizipation ist ein Wort, das in unserem All-inclusive-Kapitalismus nahezu nutzlos geworden zu sein scheint. Ein Beruhigungsmittel, das als Nebenwirkung die Verantwortung für das, was passiert, an die Bürger delegiert, die den Ausgang des Geschehens nicht beeinflussen können. Das gleiche gilt für viel sogenanntes Mitmachtheater, das allzu oft lediglich eine solche Placebo-Beteiligung imitiert und das Publikum zwingt, sich in einem durchschaubaren Setup zu engagieren, in dem alle Wahlmöglichkeiten vorgeschrieben sind: Passivität verkleidet als Aktivität.