Eine Stadt steht still. Menschen erheben sich, schweigen. Der Unterricht in Schulen und Universitäten wird unterbrochen, eine Ladenbesitzerin hält im Verkauf inne, in der Fabrik stehen die Bänder, auf den Straßen die Autos, Busse, Straßenbahnen…
Es war dieses Bild, das Yael Bartana vorschwebte, als sie alle Bürger Kölns aufforderte, am 28. Juni 2013 symbolisch ihren Alltag zu unterbrechen. Inspiriert vom israelischen Gedenktag Jom haSho’a, an dem buchstäblich das gesamte öffentliche Leben stoppt, um der Opfer und Widerstandskämpfer des Holocausts zu gedenken, war Zwei Minuten Stillstand – eine Auftragsarbeit der Impulse Theater Biennale – gleichermaßen ein politischer Akt, eine soziale Skulptur und eine kollektive Performance. Ritual ebenso wie öffentlicher Diskurs.
Das Buch gibt Einblicke in die Realisierung von Zwei Minuten Stillstand, dokumentiert das Ereignis und analysiert die komplizierten Vorbereitungen sowie den oft sehr polemischen Widerstand gegen das Projekt. Es wirft aber auch einen Blick über den Tellerrand und nimmt die Arbeit der Künstlerin zum Anlass, über die Rolle von Geschichte, Erinnerung und Gedenken für die Gegenwart nachzudenken. Die Essays konzentrieren sich auf die Kluft zwischen der offiziellen Geschichtsdarstellung und der versteckten Agenda der institutionalisierten Tradition, während sie den Gegensatz zwischen in Stein gemeißeltem Gedenken und der performativen Verlebendigung nicht nur historischer Ereignisse, sondern auch von Zukunftsvisionen untersuchen.
Frank J. Raddatz im Gespräch mit Florian Malzacher über „Zwei Minuten Stillstand“
Mit Beiträgen von Yael Bartana, Christina von Braun, Boris Buden, Galit Eilat, Florian Malzacher, Ihab Saloul, Stefanie Wenner.